Am 22. August teilt Beatrix von Storch in einem Tweet den Videomitschnitt einer Diskussionsveranstaltung mit Justizminister Heiko Maas (SPD). Das Video kommentiert sie mit den Worten: “‘Auf Facebook gilt Meinungsfreiheit nicht.’ Warum ist der Mann Minister u nicht in Haft- wegen Anschlag auf FDGO?”. Mit ihrem Tweet legt Beatrix von Storch dem Justizminister Worte in den Mund, die er nicht gesagt gesagt hat und reißt dessen Äußerungen zur Meinungsfreiheit auf kommerziellen Internetplattformen aus dem Zusammenhang. Das bewerten wir als Scharlatanerie.
Maas reagiert auf die Frage einer Studierenden: „Wenn mein Kommentar gelöscht wurde und ich aber als Urheber der Meinung war, dass das zu unrecht war, habe ich dann auch die Möglichkeit, mich an das Bundesamt zu [wenden]?” Die Studierende bezieht sich damit auf das “Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken” (NetzDG).
Laut Maas war das Gesetz aber nicht zum Schutz eines Postings vor einer fälschlichen Löschung durch Facebook gedacht. Stattdessen gehe es darum, “strafbare Inhalte zu löschen”.
Die Studierende hakt nach: “Ich wäre ja dann in meinen Augen zensiert?”. Der Minister gibt ihr mit Blick auf die aktuell geltende Rechtslage recht – die Frage der Studierenden, so der Minister, ziele darauf ab, dass es in Deutschland kein Recht darauf gebe, Inhalte bei Facebook zu veröffentlichen, “ob Facebook mittlerweile für unsere Meinungsfreiheit so konstitutiv ist, dass ich ein irgendwie verbrieftes Recht habe, mich auf dieser Plattform äußern zu können”. So weit seien wir aber noch nicht, wenngleich in der Debatte um das NetzDG sehr wohl darüber diskutiert wurde.
Das Problem sei in den Augen des Ministers, dass Facebook ein privates Unternehmen sei und dass sich Facebook-Nutzer in eine Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen begeben. Maas sagt, dass den meisten Nutzern die Art der Beziehung zwischen ihnen und dem Konzern nicht bewusst sei. Aber: “Natürlich, man nutzt die Dienste von Facebook und man bezahlt sie durch seine Daten, die man zur Verfügung stellt.” Ein Recht darauf, dass diese Beziehung weitergeführt wird, gebe es nicht. Facebook könne also jeden, der nicht genehm ist, von der Seite verbannen. Solange es kein Gesetz, etwa zum Schutz von Postings, gebe, dürfe Facebook jeden löschen, sofern es nicht gegen das Antidiskriminierungsgesetz verstoße – eine Verpflichtung, dass Facebook als Dienstleistungsunternehmen etwas im Netz stehen lässt, gebe es nicht.
Auch verweist der Minister darauf, dass der Einwand der Studierenden wichtig für die zukünftige Debatte sei. “Das ist aber so ein großes Rad, da muss man eigentlich alles noch einmal neu denken.” Festzuhalten bleibt, dass Heiko Maas den von Beatrix von Storch zitierten Satz im verlinkten Videobeitrag nie gesagt hat. Ihr Zitat stimmt also nicht.
Heiko Maas legt in seiner Frage auf die Antwort einer Studierenden lediglich die geltende Rechtslage dar. Inwiefern es sich um ein politisches Versäumnis von Heiko Maas handelt, kein Gesetz zur Durchsetzung von Nutzungsrechten auf Facebook vorgelegt zu haben, bewerten wir nicht. Beatrix von Storch und der AfD ging jedoch bereits die Regelungsdichte des NetzDG, das auch “Facebook-Gesetz” genannt wird, zu weit. Obwohl Heiko Maas bloß´die momentane Gesetzeslage schildert, unterstellt Beatrix von Storch ihm mit einem verfälschten Zitat einen Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO) und will ihn für einen Satz in Haft nehmen, den er nicht gesagt hat. Das bewerten wir als Scharlatanerie.
Infos zum NetzDG:
Die Aussage bezieht sich auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das am 30.07.2017 im Bundestag beschlossen wurde. Das NetzDG verpflichtet Soziale Netzwerke mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern, binnen 24 Stunden rechtswidrige Inhalte zu löschen. Opfer von Persönlichkeitsrechtsverletzungen können, nach richterlichem Beschluss, Informationen zu den Absendern erhalten. Das Gesetz ist eine Antwort auf zunehmende Hasskommentaren und die Verbreitung von rechtswidrigen Inhalten in den Sozialen Medien. Insgesamt wurde das Gesetz äußerst kritisch bewertet: Durch hohe Bußgelder besteht die Gefahr eines overblockings, also der vorsorglichen Löschung von Inhalten, die nicht rechtswidrig sind. Daher sehen viele Kritiker das Gesetz als massive Gefahr für die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland.
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Weitere Checks zum NetzDG:
3 Gedanken zu „“Auf Facebook gilt Meinungsfreiheit nicht.” Warum ist der Mann [Heiko Maas] Minister und nicht in Haft- wegen Anschlag auf FDGO?“
Kommentare sind geschlossen.
Das NetzDG zwingt die Betreiber von Plattformen im Internet, sich um strafbare Inhalte zu kümmern, die ihre Kunden für die Öffentlichkeit sichtbar ins Netz stellen. Die Kontexte, um die es da geht, Jugendschutz, Volksverhetzung, pipapo, sind alle nicht neu.
Facebook und Co. werden lediglich gezwungen, wie jeder Kneiper, Radiobetriber oder Zeitungsverleger gegen solche Tatbestände vorzugehen und ihr Hausrecht auszuüben. Wie und mit welchem Maßstab sie das tun, ist allein ihre Sache, ihr Hausrecht erlaubt ihnen, nach Lust und Laune Kunden anzunehmen, abzulehnen, zu sperren, ohne dass siedafür irgendwem Rechenschaft schuldig wären.
Das ist, was Maas sagt, aber Storch und die AfD verdrehen nicht nur die Tatsachen, sondern legen ihm auch noch ein Zitat in den Mund, das er gar nicht sagt: doch, Scharlatanerie.
Eben. Facebook beendet die Verträge nicht freiwillig, sondern wegen drohenden Strafen von bis zu 50 Mio. Euro. Der Rechtsstaat ist außen vor, Privatunternehmen löschen unter Zwang lieber viel zu viel. Inhaltlich würde Maas absolut korrekt zusammengefasst: Meinungsfreiheit gilt nicht.
Ihre Unterstellung der Scharlatanerie ist daher absurde Hetze.
Ein wenig überzeugender Artikel.
Maas&Merkel arbeiten äusserst aktiv daran dass Inhalte auf FB gelöscht werden müssen.
So zu tun dass dies freiwillig von FB ausgegangen ist ist lächerlich.