Boris Palmers Aussage, in Brasilien würden Jahr für Jahr 50.000 Menschen umgebracht und das Land sei genauso gefährlich wie Afghanistan, stimmt eher nicht und ist vereinfachend. Zwar ist die Anzahl der jährlich in Brasilien ermordeten Menschen korrekt. Die von Palmer daran gekoppelte Aussage, das Land sei so gefährlich wie Afghanistan, ist aber so nicht richtig: Die Gefährlichkeit eines Landes lässt sich nicht allein daran festmachen, wie viele Menschen gewaltsam sterben.
In der Spiegel-Ausgabe vom 29. Juli 2017 vertrat Boris Palmer in einem Interview die These, dass Abschiebungen nach Afghanistan derzeit vertretbar seien. Dies begründete der Grünen-Politiker und Oberbürgermeister von Tübingen unter anderem durch den Vergleich Afghanistans mit Brasilien. Er sagte: „In Brasilien werden Jahr für Jahr 50.000 Menschen umgebracht. Das Land ist so gefährlich wie Afghanistan.“ Trotzdem habe man in Brasilien eine WM abgehalten und niemand sage, dass man nicht dorthin fliegen könne, so Palmer weiter.
Die Aussage führte in den Tagen nach der Veröffentlichung zu Diskussionen in den Medien und sozialen Netzwerken. Dabei fiel die Frage, ob Palmers Aussage denn nun richtig ist oder nicht, zumeist unter den Tisch.
Auf Anfrage von stimmtdas.org antwortete Boris Palmer, die jährliche Mordrate Brasiliens habe er Wikipedia und vielen Presseberichten entnommen. Als beispielhaften Beleg schickte er den Link eines Taz-Artikels von 2016, in dem steht, dass in Brasilien mehr Zivilisten durch Gewalt als in den Krisengebieten Afghanistan, Irak, Syrien und der Ukraine zusammen sterben.
Die von Palmer genannte Zahl, 50.000 Mordopfer im Jahr, stimmt ungefähr. Nicht nur der Taz, sondern auch dem United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) zufolge, auf dessen Zahlen sich der Taz-Artikel unter anderem bezieht. Laut der (aktuellsten) Global Study on Homicide des UNODC starben in Brasilien im Jahr 2012 nicht absolut, sondern auch prozentual viel mehr Menschen durch Mord als in Afghanistan. 50.000 Opfer entsprechen in Brasilien einer Mordrate von 25,2 pro 100.000 Einwohnern. Dagegen liegt die Mordrate pro 100.000 Einwohnern in Afghanistan bei 6,5; es wurden 2012 rund 1949 Menschen umgebracht.
Dazu ist jedoch anzumerken: Todesopfer durch Krieg und Terror sind nicht in die von UNODC erhobene Mordstatistik miteinbezogen. Zu den 1949 jährlichen Mordopfern kommen in Afghanistan noch 2754 Menschen dazu, die 2012 durch Krieg und Terror umgekommen sind, so die Zahlen der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA). Die Zahlen sind nicht exakt, denn wegen der unübersichtlichen Lage in Teilen des Landes könnten sowohl die Mordstatistik als auch die Zahlen von UNAMA Ungenauigkeiten aufweisen, so ein Sprecher von UNODC auf Anfrage von stimmtdas.org.
Geht man jedoch von der Richtigkeit aus und addiert die Todesopfer durch Terror und Krieg zu den Mordzahlen, erhält man eine deutlich höhere Rate: 15,3 per 100.000. Und während es bezüglich der Mordrate keine aktuelleren Zahlen gibt, ist die Zahl der Kriegsopfer seitdem noch größer geworden: Letztes Jahr lag sie bei 3.498. Die unübersichtliche Lage in Teilen Afghanistans
Trotzdem reicht diese immer noch nicht an die 25,2 pro 100.000 Mordopfer von Brasilien heran. Brasilien wäre nach Boris Palmers Argumentation also gefährlicher als Afghanistan, in dem seit 2001 UN-Truppen stationiert sind und in dem zudem bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Warum Palmer trotzdem lediglich von “genauso gefährlich” spricht, wenn es doch in dem von ihm genannten Taz-Artikel anders, also noch extremer, steht, ist unklar.
Palmers Argumentation ist aber unzulässig vereinfachend: Ist die Gefährlichkeit eines Landes lediglich anhand der Zahl der getöteten Menschen messbar? In Afghanistan etwa kommen zu den Todesopfern durch Krieg und Terror jedes Jahr circa doppelt so viele Verletzte durch Krieg und Terror hinzu. Ist das für die Bewertung der Gefährlichkeit unwichtig? Auch wäre es denkbar, etwa Verkehrssicherheit oder Naturkatastrophen als Kriterien miteinzubeziehen. Schließlich bedeutet das Wort laut Duden zunächst einmal die “Möglichkeit, dass jemandem etwas zustößt, dass ein Schaden eintritt; drohendes Unheil”.
Ein umfassender Index, der verschiedene Kriterien zur Beurteilung der Sicherheitslage eines Landes vereint und damit gut geeignet ist für eine Einschätzung von der Gefährlichkeit in Afghanistan und Brasilien ist der Global Peace Index. Er wird herausgegeben vom Institute for Economics and Peace. Neben der Mordrate und der Zahl der Kriegsopfer werden mehr als 20 weitere Kriterien wie etwa die Zahl der inhaftierten Personen, die Beziehungen zu Nachbarländern oder die Wahrscheinlichkeit von gewalttätigen Demonstrationen berücksichtigt. Im Global Peace Index 2017 ist Brasilien auf Platz 108, Afghanistan auf 162. Damit liegt es vor Syrien auf dem zweitletzten Platz.
Alles in allem stimmt Boris Palmers Aussage eher nicht und ist vereinfachend. Zwar stimmt es, dass in Brasilien circa 50.000 Menschen jährlich ermordet werden. Doch Palmers zentrale Schlussfolgerung daraus, dass das Land deshalb genauso gefährlich wie Afghanistan ist, vereinfacht die komplexe Sachlage. Zieht man den wissenschaftlich fundierten Global Peace Index zurate, sodass eine umfassende Kriterienliste in die Sicherheitsbewertung einfließt, ist Afghanistan ein deutlich gefährlicheres Land als Brasilien.
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3 Gedanken zu „In Brasilien werden Jahr für Jahr 50.000 Menschen umgebracht. Das Land ist so gefährlich wie Afghanistan.“
Kommentare sind geschlossen.
Junge bei 0,5% b.z,w 1% der Bevölkerung in Morde sind das jährliche 1bis 2millionen morde locker das ist korupte unkoregt scheiße diese Statistik England Deutschland usa Frankreich ihr seidt für die scheiße verantwortlich und merkel,s Provokationen um so mehr ihr alle im Bundestag ihr aeidt volksmörder in 108 keiesenstaaten die ihr verursacht habt politisch gezielt intiligenter volksmord nur Deutschland allein in 64 staaten tuh in jden eurer fresse,n und wenn diese länder euch nicht zurück tötten bei gott junge ihr seidt für die scheiße verantwortlich sowie erik pianka die depopulation der pfarmaka industrie frauchtbarkeitsraten impotenz Senkungen und gift unter den völkern Bringen mit essen,a fake industrien Raubkopien drecksschweine ihr seidt Kriegsverbrecher und abgefuckte intiligente volksmörder
“Ist die Gefährlichkeit eines Landes lediglich anhand der Zahl der getöteten Menschen messbar?” Nein!
“Auch wäre es denkbar, etwa Verkehrssicherheit oder Naturkatastrophen als Kriterien miteinzubeziehen. Schließlich bedeutet das Wort laut Duden zunächst einmal die “Möglichkeit, dass jemandem etwas zustößt, dass ein Schaden eintritt; drohendes Unheil”.
Zahl der Verkehrstoten: 1 835 (2007) in Afghanistan
Zahl der Verkehrstoten: über 40600 (2010) in Brasilien
Somit ist die MÖGLICHKEIT in Brasilien höher gewaltsam zu sterben als in Afghanistan.…welches Land ist nun Gefährlicher?
Und der Global Peace Index ist KEIN geeignetes Mittel um festzustellen wie sicher es IN einem Land ist, sondern eher wie friedfertig ein Land einem anderen Land gegenüber ist. Denn der GPI benutzt folgende Kriterien:
1 Anzahl der geführten Kriege im In- und Ausland
2 Geschätzte Zahl der Toten durch externe Kriege
3 Geschätzte Zahl der Toten durch interne Kriege
4 Grad der internen organisierten Auseinandersetzungen
5 Beziehungen zu Nachbarländern
6 Höhe des Misstrauens in Mitbürger
7 Zahl der verdrängten Personen in Prozent der Einwohnerzahl
8 Politische Instabilität
9 Grad des Respektes für Menschenrechte
10 Möglichkeit von Terroranschlägen
11 Anzahl von Morden
12 Level des gewalttätigen Verbrechens
13 Wahrscheinlichkeit von gewalttätigen Demonstrationen
14 Zahl der inhaftierten Personen
15 Zahl der Polizisten und Sicherheitsbeamten
16 Ausgaben für das Militär in Prozent des BIP
17 Anzahl an Berufssoldaten
18 Import von konventionellen Waffen
19 Export von konventionellen Waffen
20 UN-Einsätze
21 Einsätze anderer Länder bzw. Organisationen außer der UNO
22 Anzahl an schweren Waffen
23 Grad der Schwierigkeit, um Zugang zu leichten Waffen zu bekommen
24 Fähigkeit des Militärs
Inwiefern sind zB die Punkte 15–22 relevant für die Beurteilung, wie sicher man sich IN einem Land bewegen kann? Und in diesen Kriterien sind die genannten Punkte wie zB Verkehrstote oder Tote durch Umweltkatastrophen garnicht mit eingerechnet.
Ihre Antwort stimmt nur zum teil und ist irreführend.
Hallo Herr Bonifer,
Danke für die konstruktive Kritik.
Brasilien hat über 200 Mio Einwohner, Afghanistan ca. 34 Mio. — Von daher lassen sich die absoluten Zahlen der Verkehrstoten meiner Ansicht nach nicht miteinander vergleichen.
Zu ihrem zweiten Punkt, gibt die Autorin des Artikels Ihnen zum Teil Recht. Der Global Peace Index ist nicht 100% aussagekräftig, aber er ist der geeignetste vorhandene Maßstab zur Bewertung. Einen besseren Index gibt es nicht.