Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beharrte in einem Interview darauf, dass der Bund im Bereich Katastrophenschutz keine Mittel gekürzt hat. Ihre Aussage stimmt: Seit 2013 wurde der Haushalt der Zivil- und Katastrophenschutzorganisation der Bundesrepublik Deutschland, dem Technischen Hilfswerk (THW), deutlich aufgestockt. Auch für 2018 ist eine Steigerung vorgesehen, die im Vergleich zu den Jahren zuvor allerdings deutlich sparsamer ausfällt. Seit 2007 hat der Bund den Ländern außerdem über 4100 Fahrzeuge für Feuerwehren und Rettungsdienste bereitgestellt und damit zumindest gut 80 Prozent einer gemeinsam ausgehandelten Zielvorgabe erfüllt.
Am 21. September diskutierte Kanzlerin Angela Merkel im „Kanzlercheck“ der jungen ARD-Radios (Minute 23) mit einem Feuerwehrmann das Thema Sicherheit. Der 36-jährige Florian aus Lübeck warf der Kanzlerin vor, dass der Bund sich immer mehr aus dem Katastrophenschutz zurückzieht. Für Fahrzeuge stünden zum Beispiel der Freiwilligen Feuerwehr oder dem Technischen Hilfswerk (THW) immer weniger Geld zur Verfügung. Merkel konterte: „Ich glaube, dass das nicht stimmt.“ Sie habe zwar die ganz genauen Zahlen gerade nicht parat und es könne natürlich sein, dass die Mittel für Fahrzeuge nicht immer mit den erforderlichen Nachrüstungen Schritt halten. Außerdem könne sie nicht für die einzelnen Länder sprechen. Fest stehe aber, dass der Bund die Ausgaben für den Katastrophenschutz nicht gekürzt habe. Die Zahlen wolle Sie dem Frager gerne nach der Sendung per Mail zukommen lassen.
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Posted by funk on Thursday, September 21, 2017
Wir von stimmtdas.org dachten uns, dass es schade wäre, wenn der Inhalt dieser Mail nur im privaten Postfach des Lübecker Feuerwehrmannes landet. Deshalb haben wir Merkels Pressestelle gebeten, uns ebenfalls die versprochenen Informationen zur Verfügung zu stellen. Auf Anfrage teilte ein Sprecher des Bundespresseamtes mit, dass der Sachhaushalt der Bundesanstalt THW sich seit 2013 um über 52 Millionen Euro erhöht und damit eine Steigerung von etwa 36 Prozent erfahren hat. Die öffentlich einsehbaren Zahlen des Bundesfinanzministeriums zeigen, dass dies stimmt. Während dem THW im Jahr 2013 noch 178,8 Millionen zur Verfügung standen, verfügte die Bundesanstalt in diesem Jahr über 243 Millionen Euro.
Ein großer Teil dieser Finanzspritze wurde im November 2015 im Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen. Damals handelte die Union „hinsichtlich der Bewältigung der Asyl- und Flüchtlingslage“ eine Steigerung des THW-Haushaltes um über 43 Millionen Euro aus. Im Jahr 2016 lag der Gesamthaushalt für die Zivil- und Katastrophenschutzorganisation der Bundesrepublik Deutschland damit dann bei fast 225 Millionen Euro – ursprünglich waren nur etwa 180 Millionen Euro vorgesehen gewesen. Insgesamt steigerten sich die Mittel des THW von 2015 auf 2016 also um 19,5 Millionen Euro. Von 2016 auf 2017 wurde der Haushalt um weitere gut 18 Millionen Euro aufgestockt. Für den Haushalt des kommenden Jahres sieht der aktuelle Entwurf im Vergleich zu den großen Sprüngen aus den Vorjahren mit 4,3 Millionen eine deutlich kleinere Steigerung auf gut 247 Millionen Euro vor. Die Aussage von Angela Merkel, dass die Mittel für den Katastrophenschutz nicht gekürzt wurden, stimmt also.
Und was ist mit den Fahrzeugen?
Da der Feuerwehrmann im Gespräch die Zahl der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge ansprach, teilte der Regierungssprecher mit, dass „im November 2016 ein Fahrzeugersatzbeschaffungsprogramm für das THW mit 100 Millionen Euro bis zum Jahr 2023 auf den Weg gebracht“ wurde. Dadurch sollten insgesamt 621 Lastwagen und Bergungsfahrzeuge ersetzt werden.
Wie steht es um die Ausstattung der Feuerwehren im Land?
Für Brandschutz ist in Deutschland nicht der Bund verantwortlich, sondern die Länder bzw. die einzelnen Kommunen. Deshalb unterscheidet sich die Finanzierung der Feuerwehren zum Teil von Bundesland zu Bundesland, wie Merkel im Gespräch mit dem Feuerwehrmann richtig anmerkte.
Was die Ausstattung mit Fahrzeugen angeht, steht der Bund allerdings in einer gewissen Verantwortung gegenüber den Ländern: Laut Grundgesetz fällt der Schutz der Bevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Da dieser für solche Fälle aber keine vollständige Infrastruktur vorhalten kann, kann er auf die Ressourcen der Länder zurückgreifen. Dafür stattet er wiederum die Länder unter anderem mit speziellen Einsatzfahrzeugen aus, die diese auch für ihre Feuerwehren nutzen können. Es besteht also auf Seiten des Bundes durchaus eine gewisse Verantwortung, was die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren angeht.
„Der Deutsche Feuerwehrverband arbeitet eng mit dem Bund zur Neustrukturierung und Umsetzung der Konzepte im Katastrophenschutz zusammen“, erklärte eine Sprecherin auf unsere Frage, ob der Verband der Bundesregierung ebenfalls mangelnde Unterstützung vorwirft. Der Bund würde sich nicht zurückziehen, sondern die Beschaffung weiterer Fahrzeuge vorantreiben, so die Sprecherin.
Im Jahr 2007 wurde in Absprache von Bund und Ländern eine Unterstützung im Rahmen des „Neuen Ausstattungskonzepts“ beschlossen. Dieses sieht vor, dass der Bund den Ländern insgesamt über 5000 Fahrzeuge (S. 4) unter anderem für den Brandschutz und den Sanitätsdienst zur Verfügung stellt. Für die Umsetzung des Konzepts stehen derzeit jährlich rund 53,5 Millionen Euro bereit. Mit 4155 neuen Fahrzeugen ist aktuell ein Ausstattungsgrad von 82 Prozent erreicht. Im nächsten Jahr will der Bund weitere 306 Löschgruppenfahrzeuge und 94 Schlauchwagen bereitstellen, wie ein Regierungssprecher stimmtdas.org mitteilte.
Fazit:
Die Aussage von Angela Merkel, dass die Mittel für den Katastrophenschutz nicht gekürzt wurden, stimmt. Seit 2013 und insbesondere in den Jahren 2015 und 2016 wurde der Haushalt des THW sogar deutlich aufgestockt. Auch für 2018 ist eine Steigerung vorgesehen, die mit 4,3 Millionen Euro aber deutlich sparsamer ausfällt, als die Finanzspritzen aus den Vorjahren. Für die Feuerwehren ist der Bund nicht direkt verantwortlich, arbeitet aber mit ihnen zusammen. Aus Sicht der bundesweiten Interessenvertretung der Feuerwehren im Land, ist man mit der Zusammenarbeit zufrieden.